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Zwischen Sackgasse und Energiewende:
Eine sozial-ökologische Mehrebenenanalyse transnationaler Biokraftstoffpolitik

Biokraftstoffe zwischen Sackgasse und Energiewende Diskurse, Effekte und Konflikte aus transnationaler Perspektive

Dokumentation


Konferenz der BMBF-Forschungsgruppe „Fair Fuels?“
19. April 2013, Berlin

Welche Rolle spielen Biokraftstoffe in der Energiewende? Können sie einen Beitrag leisten, fossile Kraftstoff- und Energiesysteme sozial-ökologisch zu transformieren? Oder führen sie im Gegenteil zu neuen sozialen und ökologischen Problemen? Wissenschaft, Politik und Gesellschaft streiten seit Langem über diese Fragen, nun scheint die Zukunft der Biokraftstoffe an einem Scheidepunkt angekommen zu sein. Neue Antworten auf die vielfältigen Widersprüche rund um Biokraftstoffe hat die vom BMBF geförderte Forschungsgruppe „Fair-Fuels? Zwischen Sackgasse und Energiewende: Eine sozial-ökologische Mehrebenenanalyse transnationaler Biokraftstoffpolitik“ gesucht und stellt nun die Ergebnisse der vierjährigen interdisziplinären Forschungsarbeiten vor, u. a. aus den Weltregionen Europa, Lateinamerika und Afrika.

Gemeinsam mit Expert/innen aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und einer interessierten Fachöffentlichkeit werden die Kontroversen und Perspektiven der Biokraftstoffe diskutiert. Im Fokus der Tagung stehen folgende Dimensionen der Biokraftstoffproduktion:

  • Politik, Akteure und Diskurse
    Welche politischen und diskursiven Entwicklungen sind im Bereich der Biokraftstoffe bestimmend? Welche Veränderungen lassen sich beobachten? Wie lassen sie sich erklären, welche Interessen und Akteure beeinflussen sie?
  • Sozial-ökologische Wirkungen und Konflikte
    Welche sozialen, ökonomischen, ökologischen und politischen Effekte hat die Produktion von Rohstoffen für die Herstellung von Biokraftstoffen auf verschiedenen räumlichen Ebenen? Welche sozial-ökologischen Konflikte ergeben sich?
  • Indirekte Landnutzungsänderungen und Regulierung
    Was bedeutet das Auftreten von indirekten Landnutzungsänderungen für die Rolle der Biokraftstoffe im Energiesystem? Gibt es Möglichkeiten, die Biokraftstoffe trotz dieser Problematik als eine nachhaltige Säule im Energiesystem zu erhalten?


Zum Hintergrund

Die Kritik an der Biokraftstoffproduktion und -förderung ist so alt wie diese selbst. Die Frage nach „Teller oder Tank?“ führte bereits im Jahr 2007 dazu, dass eine Vielzahl von Umwelt- und Entwicklungsorganisationen ein Moratorium für die Förderung von Biokraftstoffen forderten. Ungeachtet dessen haben sich seither die Produktionsmengen weltweit nahezu verdoppelt und nationale Beimischungsquoten und -ziele erhöht. Doch dies könnte sich – zumindest in Europa – in naher Zukunft ändern: Mittlerweile liegt eine Vielzahl von Studien vor, die neben sozialen auch die ökologischen und insbesondere die Klimaschutzeffekte von Biokraftstoffen aus vielen verschiedenen Rohstoffen sowie die Möglichkeiten einer nachhaltigen Produktion in Frage stellen. So hat die EU Kommission einen Vorschlag für einen Strategiewechsel vorgelegt: bis 2020 sollen aus Agrarpflanzen hergestellte Biokraftstoffe nur noch maximal die Hälfte zum Ziel, 10% des Gesamtenergieverbrauchs im Verkehrssektor durch erneuerbare Energien zu decken, beitragen. Insbesondere soll die politische Förderung von Biodiesel auf der Basis von Palm-, Raps-, oder Sojaöl eingeschränkt werden. Solche Strategiewechsel stehen jedoch in anderen Ländern – trotz erheblicher Kontroversen – nicht auf der Tagesordnung. Im Gegenteil: in Brasilien, Kolumbien oder Malawi ist eine Ausweitung sowohl der agrarischen Rohstoffproduktion für Biokraftstoffe als auch in einigen Fällen der Beimischungsquoten geplant. Gleichzeitig bemühen sich eine Reihe von Ländern des „globalen Südens“ neue Märkte im Ausland zu erschließen. Welche transnationalen Effekte und Konflikte ergeben sich aus diesen unterschiedlichen Strategien? In welche Diskurse sind die Strategien des „Nordens“ und des „Südens“ eingebunden? Dies sind nur einige der Fragen, denen im Rahmen der Tagung nachgegangen werden soll.